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Walter Hasenclever (* 8. Juli 1890 in Aachen; † 21. Juni 1940 in Les Milles bei Aix-en-Provence) war ein expressionistischer deutscher Schriftsteller.

Arthur Holitscher (* 22. August 1869 in Pest; † 14. Oktober 1941 in Genf) war ein Reiseschriftsteller, Essayist, Romancier und Dramatiker.

Jean Paul (fr. [ʒɑ̃] und dt. [paʊl]; * 21. März 1763 in Wunsiedel; † 14. November 1825 in Bayreuth; eigentlich Johann Paul Friedrich Richter) war ein deutscher Schriftsteller.

William Shakespeare (getauft am 26. April 1564jul. in Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg. ebenda) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

#486 Brief an Betty Frankenstein

Datierung 1926-10-16
Absendeort Clamart, Frankreich
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief, 3 S., M + Kuvert

Provenienz DLA Marbach, Bestand A:Toller, Zugangsnr. 62.199/19
Briefkopf -
Poststelle 1926-10-17
Personen Frankenstein, Betty
Hasenclever, Walter
Holitscher, Arthur
Jean Paul
Shakespeare, William
Toller, Ernst
Frankenstein, Betty
Werke Die Rache des verhöhnten Liebhabers
The scorned lover’s revenge

Aber, liebe Freundin, es gibt eine Grenze der Schlamperei, die sogar ich mich zu überschreiten hüte und daß Sie mirs zutrauen, ist arg! Der Verdi war mit den andern Büchern zusammen eingepackt, ich mußte ihn auf der Post in Sanary (eine halbe Stunde vor meiner Abreise) wieder herausnehmen, weil das Paket sonst nicht als Drucksache hätte abgesandt werden können (und Paket sendungen auf dem Bahnhof abgegeben werden müssen – mit Deklarierung u. s. w.) Den Jean Paul und die Shakespeare Bände wollte ich damals noch etwas behalten, aber nun bekommen Sie den Rest – und ich bete zu meinem Schutzengel, er möge Post, Eisenbahn und Briefträger beschützen. Nochmals: guten Dank.

Hören Sie, Kind, warum schreiben Sie mir den garstigen Brief – ich liefe nicht mehr Gefahr so lange Briefe von Ihnen zu bekommen und und und und. Brr. Mich hats geschüttelt. Das fehlte mir gerade, daß Sie sich aufs [unleserlich] Sofa setzen, so in eine Ecke, aufs blau und rot gestickte Kissen „Nur ein Viertelstündchen“. Ja, ja, ich glaubs, ich hab Ihnen tausend Anlässe gegeben, bitte, einen Freundschaftsdienst: warten Sie auf den zweitausendsten.

Draußen nasser Nebel, welkes Laub mit süßlichem Verwesungsgeruch, und der Nebel in dem ich sitze, hat auch nichts mehr von südlicher Sonne. Walter Hasenclever (menschlich sehr wohltuend), dessen Stimme Sie gestern im Funk gehört haben mögen, überließ mir seine Wohnung, und in der hause ich nun, lese, döse, fasere, zerfasere, dreh mich im Kreise – immer mal wieder rundum. Nach Berlin zurückzukehren, kennen Sie die Mauer, an der man rauf und runter klettert, rauf und runter? –
Also zwei Damens haben Sie angeklingelt und nach mir gefragt, daraus schließen Sie einerseits, daß es herbstelt, andrerseits, daß es in Berlin Wesen gäbe, die auf meine Rückkehr warten. Gott erhalte Ihnen den holden Wahn!

– – Versäumen Sie nicht, alle Dramen, die die Habima spielt, sich anzuschauen. Es tut mir so leid, daß ich das Theater weder in Paris sehen konnte, noch in Berlin sehen werde.

Sind Sie Holitscher begegnet?

Wo lebt Ihr Neffe jetzt? – Wie gehts Ihrer Freundin?
Von Herzen Gutes.

E. T.

Clamart (Seine), 16. Okt. 26.

Hat Ihnen das Bild so mißfallen??

Könnten Sie mir die englische Übersetzung der „Rache des verhöhnten Liebhabers“ schicken?