#421 Brief an Fritzi Chwolles
Datierung | 1925-11-11 |
Absendeort | Berlin, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 1 S., T |
Provenienz | Leo Baeck Institute, Ernst Toller Collection, AR 1641, Box 1, Folder 1 |
Briefkopf | - |
Publikationsort | Ina Lorenz: Sozialistische Gesellschaft in Palästina. Ein Briefwechsel Ernst Tollers mit einer Hamburger Zionistin (1925). In: Peter Freimark, Ina Lorenz, Günter Marwedel (Hrsg.): Judentore, Kuggel, Steuerkonten. Untersuchungen zur Geschichte der deutschen Juden, vornehmlich im Hamburger Raum. Hamburg: Hans Christians Verl. 1983, S. 249. |
Personen |
Chwolles, Fritzi
Chwolles, Fritzi Toller, Ernst |
Ernst Toller
Berlin-Grunewald, den 11.11.25
Hagenstrasse 42
*
Fräulein
Fritzi Chwolles,
Altona-Bahrenfeld.
Mozartstrasse 34
Sehr geehrte Genossin,
von Ihren Plänen habe ich mit grossem Interesse gelesen. Ich diskutierte drüben in Palästina oft mit Freunden über die Möglichkeit der Schaffung eines eigenen Palästina-Arbeiterfonds, den auch ich bei der unzweifelhaft sich zuspitzenden Spannung zwischen dem bürgerlichen und proletarischen Lager für geboten erachte. Aber leider kann ich Ihren Wunsch aus vielen Gründen nicht erfüllen. Ich bin bis zum Frühjahr durch Vorträge und Reisen in Anspruch genommen. Neben diesen äusseren Gründen gibt es zwischen uns sicherlich Verschiedenheiten in der Beurteilung der Entwicklungsmöglichkeiten, die geklärt werden müssten, ehe ich hoffen dürfte, in einem Ihnen zusagenden Sinne zu sprechen. Um einen Satz herauszugreifen: Sie schreiben von einer „entstehenden sozialistischen Gesellschaft in Palästina“. Die Meinung, es entstünde in Palästina eine sozialistische Gesellschaft war einer der tragischen Träume, der unerbittlicher Wirklichkeit nicht standhielt.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich im März nach Hamburg komme. Ich hoffe, dass wir uns dann sprechen.
Seien Sie alle herzlich gegrüsst von
Ihrem
Ernst Toller.