Adolf Hitler (* 20. April 1889 in Braunau am Inn, Österreich-Ungarn; † 30. April 1945 in Berlin) war von 1933 bis 1945 Reichskanzler und Diktator des Deutschen Reiches.
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Hermann Esser (* 29. Juli 1900 in Röhrmoos bei Dachau; † 7. Februar 1981 in Dietramszell) war ein nationalsozialistischer Journalist und Politiker. Einer der frühesten Gefolgsleute und Freunde Adolf Hitlers, bekleidete er während der Weimarer Republik einflussreiche Positionen in der NSDAP, verlor während der Zeit des Nationalsozialismus aber zunehmend an Einfluss. 1934/35 war er bayerischer Wirtschaftsminister, von 1939 bis 1945 Staatssekretär im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda.
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Oskar Körner (* 4. Januar 1875 in Oberpeilau, Landkreis Reichenbach, Provinz Schlesien; † 9. November 1923 in München) war ein deutscher Kaufmann und nationalsozialistischer Politiker. Von 1920 bis 1923 war er Zweiter Vorsitzender, Werbeobmann und Propagandaleiter der NSDAP.
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Ernst Pöhner (* 11. Januar 1870 in Hof an der Saale; † 11. April 1925 bei Feldkirchen) war Polizeipräsident in München und einer der Beteiligten am Hitler-Ludendorff-Putsch im Jahr 1923.
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Karl Meyer (* 9. August 1862 in Ansbach; † 28. Januar 1937 in Bad Tölz) war ein deutscher Jurist.
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#344 Brief an B.
Datierung | 1924-01-02 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief |
Provenienz | Original nicht ermittelt. |
Briefkopf | - |
Publikationsort | D1: Justiz-Erlebnisse (TW, Bd. 3, S. 34f.). D2: Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 397f.). Als Druckvorlage wurde D2 herangezogen, da D1 nicht in Briefform vorliegt. |
Personen |
B.
Hitler, Adolf Esser, Hermann Körner, Oskar Huber, Johann Pöhner, Ernst Meyer, Karl B. Toller, Ernst |
2.1.24
An B.
Am 14. März 1922 brachte die „Münchner Post“ folgende Mitteilung:
„Am 12. Januar 1921 wurden Adolf Hitler und drei Genossen, Esser, Körner und Huber, vom Münchner Volksgericht wegen Landfriedensbruch zu mehrmonatlichen Gefängnisstrafen verurteilt. Ein terroristischer Gewaltakt der Hitlergarde bei einer Versammlung des Bayernbundes am 14. September 1921 hatte dem Faß den Boden ausgeschlagen. Diesmal kam auch der Staatsanwalt, nachdem offizielle Anzeige erstattet worden war, nicht mehr um die Strafverfolgung der Hätschelkinder des Münchner Polizeipräsidenten Pöhner herum. Jene Bayernbundversammlung war von den Nationalsozialisten unter Einsatz des in jeder gegnerischen Versammlung aufgebotenen Sturmtrupps planmäßig mit Gewalt gesprengt, die Veranstalter waren von Hitler, Esser und Körner blutig geschlagen und vom Podium herabgeworfen worden. Gerade die bürgerlichen Pressevertreter, die jener Tumultversammlung anwohnten, hatten in dem Prozeß mit Nachdruck betont, daß die Sprengung planmäßig vorbereitet war. Unter dem Zwang des Beweisergebnisses mußte das Volksgericht, das die Herren sanft genug anfaßte, die Schuldfrage auf Landfriedensbruch bejahen. Hitler, Esser und Körner wurden zu je drei Monaten, Huber zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
In dem Organ der Nationalsozialisten begann ein wütendes Sturmlaufen gegen die Verurteilung der Führer. Man sprach von Justizmord, verlangte kategorisch die Wiederaufnahme des Verfahrens. Die Leute, die für sich alltäglich in Anspruch nehmen, Hüter des Rechts zu sein, schrien in dem Augenblick Zeter und Mordio, da Recht und Gesetz gegen einige der ihrigen angewendet wurde. In der Sitzung des Staatshaushaltungsausschusses des Bayrischen Landtages am 30. Januar teilte Staatsrat Dr. Meyer vom Justizministerium mit, er bekomme Tag für Tag Entrüstungstelegramme aus rechtsstehenden Kreisen, daß ein bayrisches Gericht Hitler und Genossen verurteilt habe. Kurzum, man ließ alle Register spielen, um den Verurteilten die Freiheitsstrafe zu ersparen.
Wie man jetzt weiß, hatten die Treibereien teilweise Erfolg. Dasselbe Gericht, das sein Urteil damit begründete, daß das Vorgehen der Hitler und Genossen ein schwerer Angriff auf die verfassungsmäßige Versammlungs- und Redefreiheit, eine gefährliche Störung der öffentlichen Ordnung und des Rechtsfriedens war, dasselbe Gericht hat vor kurzem den Beschluß gefaßt, den Verurteilten für 2/3 ihrer Strafe Bewährungsfrist zu bewilligen. Man hatte offenbar kein gutes Gewissen dabei, denn die Sache ging mit einer seltenen Geheimtuerei vor sich. Der Staatsanwalt hat sichtlich auch gerade die Herren Hitler und Genossen dieses Gnadenaktes für würdig gehalten, sonst würde er sich gegen die Zubilligung der Bewährungsfrist gestemmt haben.
Uns sind Fälle bekannt, die vor dem Volksgericht erledigt wurden und die geradezu nach Anwendung der Bewährungsfrist schrien. Junge, unerfahrene Leute, alte brave Arbeiter, denen das Gericht selbst zubilligte, daß ihre persönliche Ehrenhaftigkeit außer allem Zweifel stehe, wurden wegen Flugblattverbreitung zu fünf und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Die Bewährungsfrist wurde in diesen Fällen ‚mit Rücksicht auf die Schwere der Verfehlungen‘ regelmäßig versagt.“
Am 7. November 1923 begann in einem Münchner Bierkeller der Hitlerputsch, dessen unrühmliches Ende bekannt ist. Hitler wurde vor Gericht gestellt und wegen Hochverrat zu fünf Jahren Festung verurteilt.
Es ist üblich, daß der Angeklagte nach seinen Vorstrafen gefragt wird. Aus keiner Zeitungsmeldung war ersichtlich, daß das Gericht auf diese Vorstrafe des Herrn Hitler einging. Nach den Bestimmungen über Rücknahme von Bewährungsfristen hätte zweifellos das Gericht die Bewährungsfrist für Hitler zurückziehen und Hitler hätte die restliche Gefängnisstrafe verbüßen müssen. Das geschah nicht.
Im Gegenteil, es wurde Herrn Hitler auch für drei Jahre seiner Festungshaft Bewährungsfrist gegeben.
Will man Hitler durch Milde gewinnen? Er wird die Milde (mit Recht) als Schwäche deuten. Die Republik, die ihre gefährlichsten Gegner „nicht ernst“ nimmt, beweist damit, daß sie sich selbst nicht ernst nimmt.