Franz Schreker (23. März 1878 in Monaco – 21. März 1934 in Berlin; eigentlich Schrecker) war ein österreichischer Komponist.
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Ernst Krenek (* 23. August 1900 in Wien; † 22. Dezember 1991 in Palm Springs, Kalifornien; ursprünglich Křenek) war ein US-amerikanischer Komponist österreichischer Herkunft.
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Hans Meid (* 3. Juni 1883 in Pforzheim; † 6. Januar 1957 in Ludwigsburg) war ein deutscher Maler und Illustrator. Er war ein erfolgreicher Vertreter des Impressionismus in der Druckgrafik.
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Franz Schreker (23. März 1878 in Monaco – 21. März 1934 in Berlin; eigentlich Schrecker) war ein österreichischer Komponist.
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#253 Brief an Franz Schreker
Datierung | 1922-11-18 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 3 S., M |
Provenienz | ÖNB, Musiksammlung, NL Franz Schreker, Sign. F3.Schreker.527/2 |
Briefkopf | - |
Personen |
Schreker, Franz
Krenek, Ernst Meid, Hans Schreker, Franz Toller, Ernst |
Institutionen | Paul Cassirer Verlag |
Werke | Die Rache des verhöhnten Liebhabers |
Sehr verehrter Herr Professor Schreker,
ich bin nicht fähig, Ihnen gemessen und ruhig zu danken: mit welch liebevoller Hingabe, ernster Eindringlichkeit, sachlicher Minutiosität haben Sie meine Zeilen beantwortet! Sie haben mich, sehr verehrter Herr Professor, mit Ihrem Brief, der mir ein teures Zeichen Ihres Vertrauens ist, herzlich beglückt.
Ihre Worte über Herrn Krenek sind mir sehr wertvoll. Wenn Trockenheit, Leidenschaftslosigkeit seinem Wesen eignen, wird er freilich ein Stück wie „Die Rache des verhöhnten Liebhabers“ kaum vertonen können. Ich hatte, ich gestehe es, vom Brief des Herrn Krenek nicht den besten Eindruck, und da schon seit Jahren ich auf Brief-Eindrücke angewiesen bin, bin ich geneigt, meinem geschulten „Instinkt“ nicht leicht zu mißtrauen. Irgendwie spürte ich Mißtrauen: als ob das Werk für Herrn K. nicht die entscheidende Bedeutung besäße, sondern der im Theaterleben nicht unbekannte Namen des Autors. Das ist ein böser Verdacht, und ich weiß nicht, ob ich Herrn K. nicht Unrecht tue. Aber als er an mich herantrat, hatte er – nach seinen eigenen Worten – das Stück noch gar nicht gelesen. –
Ihr Brief, sehr verehrter Herr Professor Schreker, in dem Sie so gütig sind, von „ungewöhnlicher Eignung des Stücks zu musikalischer Komposition“ zu sprechen, regte mich zu einer kühnen Frage an. Ich habe Herrn K. in keiner Weise irgendwelche Zusagen gemacht oder auch nur Andeutungen meiner Bereitwilligkeit, seiner Bitte zu entsprechen. Ich bin daher in meinen Entschlüssen vollkommen frei:
Darf ich wagen, Ihnen die Dichtung zur Vertonung zu übergeben?
Verzeihen Sie diese Kühnheit, vielleicht stellt meine Frage einen Eingriff ins Ihre Schaffensintegrität dar, den Sie zurückweisen werden.
Ich bin in musikalischen Dingen Laie, mein musikalisches Verständnis ist Verständnis des Gefühls, dennoch glaube ich zu dem, was Sie als Möglichkeiten der Vertonung des Werkes sehen, ja! ja! sagen zu dürfen. –
Für die Buchausgabe, die um Weihnachten bei Cassirer (mit Radierungen von Hans Meid) erscheinen wird, habe ich schon seit einem Jahr anstelle des Untertitels „Puppenspiel“ den Untertitel „Spiel“ bestimmt. Ich wählte anfangs den Untertitel „Puppenspiel“ weil ich fürchtete, die unmittelbare Erotik der Fabel könnte die Leidenschaft, die Verzücktheit in der seelischen Fülle des Eros, die heitere Keuschheit der Linie zurückdrängen zugunsten dessen, was diese Zeit des Liebesunvermögens „erotisch“ nennt. Indem ich den Untertitel „Puppenspiel“ wählte (und so ein formales Element betonte) hoffte ich zu verhindern, daß die in künstlerische Form gewandelte Erotik als „lasziv“ gedeutet werden könnte. Aber schließlich sagte ich mir, daß der Empfängliche ohne Unterstreichung begreift, der Unempfängliche dagegen immer das rein Stoffliche betasten wird.
– Aus hoher Schätzung und Verehrung grüße ich Sie, sehr verehrter Herr Professor,
als Ihr sehr ergebener
Ernst Toller.
Fest. Niederschönenfeld,
18. Nov. 22.