Kurt Tucholsky (* 9. Januar 1890 in Berlin; † 21. Dezember 1935 in Göteborg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller.
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Gustav Landauer (geboren am 7. April 1870 in Karlsruhe; gestorben am 2. Mai 1919 in München-Stadelheim) war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einer der wichtigsten Theoretiker und Aktivisten des Anarchismus in Deutschland. Nach Niederschlagung der Münchner Räterepublik wurde er von antirepublikanischen Freikorps-Soldaten in der Haft ermordet.
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Kurt Tucholsky (* 9. Januar 1890 in Berlin; † 21. Dezember 1935 in Göteborg) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller.
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#231 Brief an Kurt Tucholsky
Datierung | zwischen 1922-08-17 und 1922-08-26 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 3 S., M Fragment |
Provenienz | DLA Marbach, Bestand A:Tucholsky, Zugangsnr. 86.2224/1 |
Briefkopf | - |
Personen |
Tucholsky, Kurt
Landauer, Gustav Beimler Lena Tanzmeier, Maria Tanzmeier, Johannes Reutershan, Walburga Tucholsky, Kurt Toller, Ernst |
Lieber Herr Doktor Tucholsky,
das war eine schöne Nachricht! Sie dürfen Ihren Anteil am Gelingen nicht verkleinern, ohne Ihre tatkräftige Unterstützung wäre nichts aus den Plänen geworden, nehmen Sie vielen, vielen Dank. Unserm Gesinnungsfreund einen Dank, baren Händedruck für seine Tat und Grüße von uns allen.
Ich habe Ihren Vorschlag, nur eine Familie zu unterstützen, zusammen mit Freunden, lange bedacht. Viel spricht dafür, mehr noch spricht dagegen. Es ist auch zu berücksichtigen, daß die meisten der Genossen die Zuweisung an eine Familie nicht verstehen würden. Es gibt da einige Familien, die in gleich großer Notlage sich befinden, welche „bevorzugen“?
Ich möchte Ihnen, im Einverständnis mit unterrichteten Genossen, vorschlagen:
I. Viertausend an Frau Walburga Reutershan zu schicken,
(Sie kennen die Familienverhältnisse der Genossin R. Ihre Adresse: Hippmannstr. 9I, München)
II. Dreitausend an Frau Lena Beimler, Döllingerstr. 5III, München,
(Die Genossin Beimler hat zwei kleine Kinder im Alter von drei und eineinhalb Jahren, ist kränklich und außerstande zu arbeiten).
III. Eintausend an Frau Maria Tanzmeier, Sendlingerstr. 18II, München.
(Frau Tanzmeier ist 63 Jahre alt, ihr seit drei Jahren eingesperrter Sohn hat sie früher ernährt, die tausend Mark wären ihr ein Zeichen, daß sie nicht vergessen ist, und „fremde Menschen“ mit ihrem Sohn Solidarität üben. Die alte Frau würde darüber beglückt sein). –
Ich habe mit einem Genossen gesprochen, dessen Frau berücksichtigt werden soll. „Deine Frau wird einige tausend Mark erhalten. Am besten wärs, Du veranlaßtest sie, für einige Wochen aufs Land zu gehen. Erholung tut ihr sicher not.“ „Freilich“, antwortet der Genosse, „aber sie wird das Geld anders verwenden. Was nützt die Erholung im Sommer, wenn im Winter Kartoffeln und Kohle fehlen. Die Gewißheit, eine große Sorge los zu sein, wird ihr mehr Freude und Kraft geben als flüchtige Erholung.“
– Was sollte ich da antworten. Jede Hilfeleistung ist wie ein „Tropfen auf einem heißen Stein“. Schwer ist das Los dieser Menschen, schwer. (Und darum sollte Kampf für sie und mit ihnen Verpflichtung auch für die sein, die im „Reich dieser Welt“ nicht letzte menschliche Erfüllung erblicken. Aber unsere „Geistigen“! Wie verächtlich dünken sie die Fragen gerechter vernünftiger Gestaltung sozialen Lebens vor „den letzten Fragen der Seele“. Was uns Revolutionen bringen können, sind ephemere Erfolge, die den Leib befriedigen, nicht den Geist, höhnen sie. Aber was spreche ich. Gustav Landauer hat das alles längst endgiltig formuliert. „Wenn der Sozialismus von einer Einigung der Menschen darüber abhängig wäre, wozu der Mensch lebe, wäre es wahrhaft traurig um ihn bestellt. Der Sozialismus ist im Vergleich mit diesen kühnen Fragen und unvergleichlich kühneren Antworten eine sehr bescheidene Angelegenheit. Er knüpft an unsern sehr gemeinen Lebensdrang, an unsern Hunger an und will die Menschen dazu bewegen, diesem Hunger, zu dessen Stillung Teile der andern Natur durch unsere Menschennatur durchgehen müssen, nicht in der Weise Genüge zu tun, daß die einen Menschen den andern Menschen das wegnehmen, was sie durch Arbeit der Natur abgerungen haben, daß sie im Gegenteil positive Einungen schaffen zum gemeinsamen Ausbeuten der Natur. Wenn einer zu diesen brüderlichen Gefühl[en] gegen die Volks- u. Menschheitsgenossen Sicherheit, sagbare Sicherheit über den Sinn der Welt und des [bricht ab]