Romain Rolland (* 29. Januar 1866 in Clamecy, Département Nièvre; † 30. Dezember 1944 in Vézelay, Burgund) war ein französischer Schriftsteller, Musikkritiker und Pazifist.
WIKIPEDIA
Rosa Luxemburg (* 5. März 1871 als Rozalia Luksenburg in Zamość, Königreich Polen; † 15. Januar 1919 in Berlin) war eine marxistische Politikerin; 1919 Mitbegründerin der Kommunistische Partei Deutschlands.
WIKIPEDIA
Karl Paul August Friedrich Liebknecht (* 13. August 1871 in Leipzig; † 15. Januar 1919 in Berlin) 1918/19 Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands. Während der Novemberrevolution rief Liebknecht am 9. November 1918 vor dem Berliner Schloss eine „freie sozialistische Republik“ aus. Kurz nach der Niederschlagung des Berliner Januaraufstands wurden er und Rosa Luxemburg von Freikorps-Offizieren ermordet.
WIKIPEDIA
Gustav Landauer (geboren am 7. April 1870 in Karlsruhe; gestorben am 2. Mai 1919 in München-Stadelheim) war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einer der wichtigsten Theoretiker und Aktivisten des Anarchismus in Deutschland. Nach Niederschlagung der Münchner Räterepublik wurde er von antirepublikanischen Freikorps-Soldaten in der Haft ermordet.
WIKIPEDIA
Erich Emminger (* 25. Juni 1880 in Eichstätt; † 30. August 1951 in München) war ein deutscher Jurist und Politiker (zunächst Zentrumspartei, dann ab 1918 Bayerische Volkspartei (BVP)). 1923/24 war er Reichsjustizminister.
WIKIPEDIA
Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.
WIKIPEDIA
#176 Brief an Romain Rolland
Datierung | 1921-12-13 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief |
Provenienz | Original nicht ermittelt. |
Briefkopf | - |
Publikationsort | Briefe aus dem Gefängnis (TW, Bd. 3, S. 332f.). |
Poststelle | - |
Personen |
Rolland, Romain
Luxemburg, Rosa Liebknecht, Karl Landauer, Gustav Emminger, Erich Toller, Ernst Rolland, Romain |
13.12.1921
An Romain Rolland.
Nun lebe ich bald zwei Jahre im Gefängnis, ein Leben mönchischer Einsamkeit, das trotz entwürdigender Behandlung, trotz manches harten Verzichts, trotz der grauen Farblosigkeit zerfliehender Tage, viele reiche, arbeitserfüllte Stunden mir brachte. Ich möchte diese Jahre nicht missen. Geistig bin ich ungebrochen, wie in den ersten Stunden der Haft, wohl reifer geworden durch eine Fülle von Lebenserfahrungen. Manch bitteres Erlebnis habe ich bis zur letzten Neige kosten, manch bittere Erkenntnis bis zur letzten Konsequenz durchdenken müssen. Auch die Schule gemeinsamer Haft ist eine Schule des Lebens, eine Schule des Erlebens der nackten Menschlichkeiten.
An baldige Freiheit darf ich bei den Zuständen in der Ordnungszelle Bayern nicht denken. In der Republik amnestiert man wohl Kappisten, Feinde der Republik; die Mörder Liebknechts und Luxemburgs, der zweiunddreißig gemeuchelten Matrosen, Gustav Landauers – die Kämpfer für soziale Gerechtigkeit läßt man im Gefängnis, und ein bürgerlicher Abgeordneter darf es wagen, uns im Reichstag „rote Bestien“ zu nennen.
Mein deutsches Heimatland ist nicht auf dem Weg der seelischen und geistigen Gesundung. Militärische Barbarei, die Pest der Korruption, die Seuche des Knechtseinwollens, zerfressen den Körper. In der Arbeiterbewegung grauenvolle Zerspaltung. Sektiererischer Haß gegen jede andere Auffassung. Gewaltig wächst die Front der Reaktion. – Und jede Maßregel der Entente, die von den alten verwerflichen Ideen der Rache, der Unterdrückung diktiert ist, ist geeignet, ihr zu helfen.