Gustav Mayer (* 4. Oktober 1871 in Prenzlau; † 21. Februar 1948 in London) war ein deutscher Journalist und Historiker der Arbeiterbewegung.
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Nettie Sutro-Katzenstein (* 1. November 1889 in München; † 21. September 1967 in Zürich) war eine Schweizer Historikerin und Flüchtlingshelferin.
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Samuel Butler (* 4. Dezember 1835 in Langar bei Bingham, Nottinghamshire; † 18. Juni 1902 in London) war ein britischer Schriftsteller, Komponist, Philologe, Maler und Gelehrter.
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Charlotte Brontë (* 21. April 1816 in Thornton, Yorkshire; † 31. März 1855 in Haworth, Yorkshire) war eine britische Schriftstellerin. Sie veröffentlichte ihre Romane unter dem Pseudonym Currer Bell.
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Max Beer (geboren am 10. August 1864 als Moses Beer in Tarnobrzeg, Galizien, Kaisertum Österreich; gestorben am 30. April 1943 in London) war ein österreichisch-deutscher Publizist und Historiker.
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Michail Iwanowitsch Tugan-Baranowski (* 8. Januar 1865 im Gouvernement Charkow; † 21. Januar 1919 nahe Odessa) war ein russischer Ökonom und Historiker.
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Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.
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#119 Brief an Gustav Mayer
Datierung | 1921-01-02 |
Absendeort | Niederschönenfeld, Deutschland |
Verfasser | Toller, Ernst |
Beschreibung | Brief, 6 S., M |
Provenienz | Fondazione Giangiacomo Feltrinelli, Fondo Gustav Mayer BArch, Berlin, RY20-II-145-49 (Abschift) |
Briefkopf | - |
Publikationsort | D1: Ter Haar 1977, S. 216, Anm. 14 (Auszug). D2: Frühwald/Spalek 1979, S. 134. |
Poststelle | - |
Personen |
Mayer, Gustav
Katzenstein, Nettie Ludd, Ned Butler, Samuel Brontë, Charlotte Beer, Max Tugan-Baranowski, Mighail Toller, Ernst Mayer, Gustav |
Institutionen |
Die Glocke (Berlin)
Festungshaftanstalt Niederschönenfeld |
Werke | Die Maschinenstürmer |
Sehr verehrter Herr Doktor Mayer,
ich danke Ihnen von Herzen für all die Mühe, die Sie um meinetwillen sich machen.
Wenn ich Ihren ersten freundlichen Brief noch nicht beantwortete, so ist einzig daran schuld eine Periode schöpferischer Arbeit, in der ich den ersten Entwurf von „Die Ludditen“ niederschrieb, in den folgenden Nächten den ersten Entwurf zerbrach, umformte und wie ein Architekt ein Gebäude neu aufbaute. – In solchen Zeiten führe ich ein intensives Leben „nach innen“ und vernachlässige alle Pflichten. (In Zeiten politischen Tuns konnte ich nie eine Zeile schreiben.) –
Erlauben Sie mir, Ihnen zuerst Ihre Fragen zu beantworten.
1.) Frau Nettie ist gegenwärtig in Rapallo. Adresse: Hotel Savoia. Es geht ihr gesundheitlich, scheints, nicht gut. In einigen Wochen reist sie nach Bern. (Pension Berna). Dort bleibt sie die folgenden Monate.
2.) Ich spreche nicht gut Englisch, bin aber imstande, Bücher bei Zuhilfenahme des Lexikons zu lesen. –
Ihre Auskünfte über die Persönlichkeit Ned Ludds haben mich sehr befriedigt. Ned Ludd ist auch in meinem Drama nicht „Führer“. Er trägt das Antlitz eines geraden, mutigen Arbeiters, der keinerlei „Führerqualitäten“ besitzt, keine eigenen politischen und wirtschaftlichen „Erkenntnisse“ erringt, sich treiben läßt, aber da, wo er glaubt richtig zu handeln, immer als erster handelt. (Als erster auch auf die Maschinen einschlägt.)
Führertypen sind zwei andere Gestalten: ein Chartist, der unverstanden von den Arbeitern erschlagen wird; ein anderer, Demagoge, Phraseur, Handelnder aus Ressentiment, subalterner Rebell um der Rebellion willen.
Hauptakteure aber: die Weber. Und das tragische Centrum, um das alle Lebensäußerungen schwingen: die Not und die Maschine.
Doch ich bin keineswegs „fertig“. Schaubar nur das Gerippe, neuen Zerbrechens nicht unwert.
Und darum wäre ich für Material sehr dankbar. (In letzter Zeit fand ich wertvolle Notizen in Tugan-Baranowski: „Studien zur Theorie der Handelskrisen in England“.)
Darf ich Sie bitten, sehr verehrter Herr Doktor, mir (wenn irgend möglich) folgende Bücher zu beschaffen:
* Samuel Butler: Erewhon
Brontë: Shirley
Beer: Engl. Ausgabe seiner Geschichte.
Noch einmal: tausend Dank!
Ich grüße Sie in hoher Schätzung
sehr herzlich,
Ihr ergebener
Ernst Toller.
Fest Niederschönenfeld,
2.1.21.
Bitte haben Sie die Güte, auch Herrn Doktor Beer meinen Dank auszusprechen.
–
(Ihre Adresse, sehr verehrter Herr Doktor, ist mir abhanden gekommen, so daß ich versuchen muß, Sie über die Redaktion der Glocke zu erreichen.)